Veganer haben es in Deutschland nicht leicht. Oft stößt ihre Lebenseinstellung auf Unverständnis und wird als modische Spinnerei tituliert. Noch häufiger wird vor den schädlichen Folgen veganer Ernährung gewarnt. Zum Weltvegantag am 1. November stellt WEBKOCH diese Lebens- und Ernährungsweise vor und erklärt, was es mit dem Veganismus wirklich auf sich hat.

Mehr als bloß eine Ernährungsfrage

Veganismus geht weit über die bloße Frage der Ernährung hinaus. Natürlich essen Veganer keine tierischen Produkte wie Eier, Milch oder Honig und vermeiden alle Produkte mit deren Inhalt. Darüber hinaus verzichten Veganer aber auch auf Wolle, Leder, Medikamente, Kosmetika und alle Alltagsgegenstände, die tierische Anteile besitzen. Strenge Veganer lehnen auch Haustierhaltung, Zoos, Zirkusse mit Tieren und das Reiten ab. Doch woher kommt diese rigorose und konsequente Lebenseinstellung, die in Deutschland nach unterschiedlichen Schätzungen 80.000 bis 160.000 Menschen teilen?

Veganismus ist keine Modeerscheinung

Das Wort „vegan“ leitet sich vom englischen Wort „vegetable“ für Gemüse ab. Der Begriff wurde von der am 1. November 1944 in England gegründeten „Vegan Society“ eingeführt und bezeichnet die konsequente Weiterführung einer vegetarischen Philosophie.

Vegane Ernährung

Veganer müssen dank abwechslungsreicher Rezepte keine Abstriche in puncto Geschmack machen. (Bild: FlickreviewR/wikipedia)

Die Gründe für eine vegane Lebensweise können sehr vielfältig sein. Für manche Veganer steht das Tierrecht im Vordergrund, für andere spielen ökologische Motive eine Rolle, für die nächsten sind gesundheitliche Aspekte ausschlaggebend und wieder andere führen spirituelle Beweggründe an. In Deutschland entwickelten sich entsprechende Ideen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, vor allem aus einer kritischen Haltung an der Industrialisierung und an der Urbanisierung heraus. Ideelle Basis war das Streben nach einem Naturzustand, in welchem die Menschen im Einklang mit der Umwelt existieren.

Das Leid der Tiere

Grundlage für eine vegane Lebensweise können verschiedene philosophische Ansätze sein. So werden Tiere als empfindsame, intelligente Wesen angesehen, deren Haltung vor allem mit Leid verbunden ist. Aus dieser Denkweise entwickelten sich auch die Beweggründe für den Tierschutz und die Forderung nach Tierrechten. Vom Gleichheitsprinzip, das für alle Menschen Gültigkeit hat, sollen „nichtmenschliche Tiere“ nicht ausgeschlossen werden. Nach dem australischen Philosophen Peter Singer gibt es keine moralische Rechtfertigung, das Leid eines Wesens bei allen menschlichen Handlungen nicht in Betracht zu ziehen.

Für eine bessere Energiebilanz

Viele Veganer kritisieren auch die schlechte Umweltverträglichkeit nicht-veganer Ernährung. Für die Fleischproduktion und Tierhaltung würden mehr Ressourcen wie Wasser, Land und Energie verbraucht werden als für vegetarische oder vegane Ernährung. Zudem stiege die Umweltverschmutzung, zum Beispiel durch die hohe Methanemmission bei der Haltung von Großtieren oder durch Waldrodung für den Futtermittelanbau. Durch eine vegane oder zumindest vegetarische Ernährung könne zudem die Welternährungssituation verbessert werden.

Wissenschaftliche Kontroversen

Doch es gibt auch biologische Argumentationsansätze. Laut eines viel zitierten Aufsatzes des Arztes Milton R. Mills sei der Mensch kein Omnivore (Allesfresser), sondern eher ein sehr anpassungsfähiger Frugivor (Fruchtesser). So führen manche Veganer auch an, dass es unnatürlich sei, die (Mutter-)Milch einer anderen Spezies zu trinken und argumentieren mit der weltweit häufig verbreiteten Laktoseintoleranz. Immerhin können rund 75 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung keine Milch verdauen.

Mangelerscheinungen durch vegane Ernährung?

Anders als beispielsweise die amerikanische Ernährungsgesellschaft ADA kann die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) die vegane Ernährungsweise nicht empfehlen und rät besonders Schwangeren, Stillenden und Kindern jeden Alters davon ab. Zwar könne der Nährstoffbedarf Erwachsener von veganer Ernährung gedeckt werden, Voraussetzung dafür sei jedoch ein ausreichendes Ernährungswissen und eine wohlüberlegte Nahrungszusammenstellung, um Mangelerscheinungen zu vermeiden. Die DGE führt an, dass Veganern besonders langkettige n-3 Fettsäuren, Eisen, Calcium, Jod, Zink, Riboflavin, Vitamin B12 und Vitamin D fehlten. Dieser Mangel könne nur durch besondere Kenntnisse bei der Lebensmittelauswahl und -zubereitung ausgeglichen werden.