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Rinderbraten "Hinein in den Ofen und stundenlang vergessen"

Rinderbraten "Hinein in den Ofen und stundenlang vergessen"
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Schwierigkeit
Schärfe
Kosten
Zubereitungszeit:
k.Angabe
Vorbereitungszeit:
k.Angabe

Zubereitung

  • Schritt 1

    Beat Wuethrich:
    "[...] Voriges Wochenende kam ich bei meinem Vertrauensmetzger (warum sollte
    es nur Vertrauensaerzte geben?) auf den Rindfleisch-Trip. Er bot mir
    Entrecote an, dem ich nicht widerstehen konnte. Das Fleisch war wunderbar
    marmoriert, von feinen Fettschichten durchzogen also. Dieses
    Qualitaetsmerkmal weist ausschliesslich das Fleisch von ungestressten Tieren
    auf, die - wie es sich gehoert - leicht Fett ansetzen. Zudem sorgt das Fett
    mit seinem feinen Nussaroma dafuer, dass das Entrecote saftig und zart
    bleibt. Entrecote stammt vom Ruecken des Rindes, vom Nierstueck, das
    zwischen der letzten Rippe und der Keule, dem Stotzen, sitzt.
    Beim Einkauf war ich grosszuegig, wohl wissend, dass ein ueppiges Stueck
    halt besser geraet als ein kleines. Ein Kilogramm Entrecote nahm ich fuer
    vier Personen mit. Obwohl ich selbst ein kleiner Fleischesser bin, war der
    ganze Brocken am Schluss weggeputzt.
    Meine ganze Kuechenarbeit beschraenkte sich auf ein Minimum. Zu Anfang
    heizte ich den Backofen auf 80 Grad auf (Ober- und Unterhitze, nicht
    Umluft). Inzwischen wuerzte ich das Fleisch mit Salz und reichlich schwarzem
    Pfeffer, gab es in einer Bratpfanne, in der ein guter Essloeffel Bratbutter
    vor sich hin schmolz. Auf mittlerem Feuer briet ich das Stueck auf beiden
    Seiten waehrend jeweils knapp zehn Minuten. Dann griff ich mir den Braten
    (heiss!), legte ihn auf den Rost genau in der Ofenmitte und schob fuer
    allfaellige Safttropfen ein mit Alufolie azsgekleidetes Backblech darunter.
    Dort bleib das Fleisch drei Stunden lang. Es haetten auch vier Stunden sein
    koennen. Passiert waere nichts. [...]
    Die Sauce muss bei dieser Garmethode heiss sein, weil das Fleisch nicht
    ungesund feurig-heiss aus dem Ofen kommt und gegessen wird; Kraeuterbutter
    oder aehnliche kalte Scharfmacher waeren also ungeeignet.
    Ich entfernte mehr schlecht als recht mit Kuechenpapier die inzwischen sehr
    dunklen Bratbutterkrummen aus der Pfanne. Dann schnitt ich eine Zwiebel und
    drei Schalotten in grobe Stuecke. Die Mischung aus den beiden
    Zwiebelgewaechsen ist harmonisch mild-scharf. Ich puerierte Zwiebeln und
    Schalotten zusammen mit zwei abgetropften Sardellenfilets aus dem Doeschen.
    Diese Paste gab ich zum Bratensatz, erhitzte die Pfanne, liess das
    Weissliche gelblich werden, loeschte mit einem Deziliter Burgunder ab,
    ruehrte mit einem Holzloeffel gut um, schmeckte mit wenig Pfeffer ab. Die
    dickliche Sauce schoepfte ich zu den recht dick geschnittenen
    Entrecotescheiben.
    Als Beilage kam, selbstverstaendlich, kein Ofengericht in Frage. Es gab
    kleine, ungeschaelte Fruehkartoffeln. Die halbierte ich, briet sie in
    Bratbutter an, bestreute sie mit Salz, deckte sie zu, schaltete den Herd auf
    Niedrigstufe und ruettelte die Pfanne ab und zu. Dann entfernte ich den
    Deckel und briet die Kartoeffelchen knusprig.
    Zu diesem sehr klassischen Essen tranken wir einen sehr klassischen
    Burgunder.
    Uebrigens: Die Niedergarmethode stammt von Sir Benjamin Thompson, besser
    bekannt unter den Namen Graf von Rumford (Rumford-Suppe). Er soll irgendwann
    um 1800 eine Lammschulter in den nicht zu heissen Ofen geschoben haben; nach
    drei Stunden nahm er das Fleisch heraus und konstatierte, dass es beinahe
    noch roh war. Eine Koechin schob es erneut in den Ofen und vergass es fuer
    Stunden. Rumford ass erneut davon und war geistert: "Ich war erstaunt, ein
    Fleisch zu kosten, das so angenehm verschieden von anderem bis dahin
    Gebratenem war. Es zerging auf der Zunge und war ungewoehnlich schmackhaft
    und saftig".
    Etwa 180 Jahren nach Rumfords Zufallsentdeckung kam die Methode wieder in
    die Kueche weniger Koeche. Der grosse Unterschied: Das Fleisch wird vor dem
    grossen Vergessen angebraten.
    Wem die vorgeschlagene Sauce zu bieder vorkommen sollte, Kraeuterbutter zu
    langweilig erscheint, der kann die Einfachst-Variante eines Avocadoschaums
    waehlen: Eine reife Avocado schaelen, laengs halbieren, den Kern entfernen,
    das Fruchtfleisch ausloesen, mit Zitronensaft betraeufeln und mit drei
    Essloeffeln Doppelrahm puerieren. Dann, wie im obigen Rezept beschrieben,
    den Bratenfond entfetten, erhitzen und das Avocadopueree dazugeben. Auf
    keinen Fall kochen, sondern nur warm werden lassen. Salzen, pfeffern und
    wenig Cayennepfeffer unterruehren. Zum Entrecote servieren. [...]"
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